Mein letztes Lebenszeichen hier liegt gut vier Wochen zurück und der ein oder andere von euch hatte bereits nachgefragt warum ich denn gar nichts mehr poste oder wann ich endlich etwas Neues schreibe. Einerseits macht es mich glücklich, denn es zeigt mir, dass ihr meinen Blog gerne lest und euch meine Einträge zu fehlen scheinen. Andererseits macht es mich aber auch traurig, weil mir durch all das Chaos, das mein Leben im Moment beherrscht, erst bewusst wird wie schlecht es um meine Situation wirklich steht.
Ich möchte diesen Augenblick nutzen und euch ein wenig
über mein persönliches Chaos aufklären, aber ohne dabei die Grenze zu meinem Privatleben
zu sehr zu überschreiten. Es wird keine großartigen Details geben und ich
hoffe, dass ihr dafür Verständnis habt. Ich möchte einfach nur, dass ihr
versteht warum es mir in letzter Zeit nicht so gut geht und ich hier auf Little
Talks so oft mit Abwesenheit glänze. Jeder Mensch hat eine Geschichte, die
gehört werden sollte. Und das hier ist meine.
Bis zu meinem 8. Lebensjahr war ich ein kerngesunder
kleiner Mensch, der lediglich mal eine Grippe oder irgendeine ansteckende
Kinderkrankheit hatte. Die üblichen Viren, die halt so durch die Luft schwirrten.
Für manche Menschen ist ein einfaches und unbeschwertes
Leben, erfüllt von Glück und Gesundheit, vorbestimmt. Mein Schicksal entschied
sich den Weg in die gegengesetzte Richtung zu gehen und ich bekam eine chronische Krankheit, die fortan mein Leben bestimmen sollte.
Kinder sind kleine Wesen, die voller Hoffnungen sind, an das
Gute in dieser Welt glauben und in deren Herzen noch Träume wachsen. Ich
gehörte ebenso dazu und auch wenn die Menschen um mich herum stets besorgt
waren, so war Angst das Allerletzte, was mein kindliches Gemüt zerstören
konnte. Doch jeder von uns wird eines Tages erwachsen und wir müssen beginnen
unsere Träume vor all den schlimmen Dingen in unserer Welt zu verstecken und auf
jede erdenkliche Weise zu beschützen. Erwachsen werden ist eine Falle.
Vor genau drei Jahren hat sich meine Krankheit verschlimmert
und mir Stück für Stück Dinge genommen, die mein Leben weiter erschwert und zu
einem endlosen Kampf gemacht haben. Meine Sehbehinderung, von der ich hier das
ein oder andere Mal berichtet habe, zählte dabei zu den am wenigstens
bezwingbaren Dingen. Natürlich ist es nicht einfach, wenn man plötzlich nur
noch 25% von dem erkennt, was vorher klar und deutlich zu sehenwar. Sozusagen von HD zu
schlechter Qualität. Aber ich war eine Kämpferin und bis zum heutigen Tag versuche
ich mich so gut wie möglich durch den Alltag zu boxen wie jeder normalsehende
Mensch.
In den letzten Wochen habe ich leider weitere
Schicksalsschläge dazubekommen und zu sagen, dass es einem den Boden unter den
Füßen wegreißen würde, wäre untertrieben. Manchmal habe ich das Gefühl,
dass dieser Boden, auf dem ich stehen sollte, nicht mal mehr existiert. Aber gehöre ich nun mal nicht zu der Sorte Mensch, der sich versteckt und
denkt das Leben wäre ein komplettes Arschloch.
Ich möchte mit meinen Worten keine Welle an Mitleid
auslösen, sondern denjenigen von euch, die von Dingen wie Krankheit oder
Schicksalsschlägen ebenso ein Lied singen können wie ich, versuchen Mut zu
machen.
Nein, es geht mir nicht gut und ja, ich habe Angst. Aber
wer nicht kämpft, hat schon verloren, das ist nun mal die verdammte Wahrheit.
Würden all die Menschen, die Tag für Tag immer mehr Steine in den Weg gelegt
bekommen, einfach aufgeben, dann würden wir in einer Welt ohne Krieger leben. Der
Rucksack mit all den Sorgen und Problemen, die wir mit uns rumtragen, wird zwar
immer schwerer und größer, aber dafür bleibt uns etwas Wichtiges und Wertvolles:
Kraft. Die Kraft weiter zu machen und jede Last zu tragen, egal wie schwer sie
ist.
Zu behaupten, dass ich jeden Tag aufs Neue mit solch
einer Kraft aufwache, wäre eine Lüge. Oft fehlt sie mir und ich muss Dinge, die
mein Leben normalerweise mit Glück bereichern, hinten anstellen. Mein Alltag
wird von Untersuchungen, Medikamenten, Schmerzen und immer wieder neuen
Diagnosen bestimmt. Manchmal komme ich mir vor wie ein Pfandleihhaus, bei dem
sämtliche Krankheiten abgegeben, aber nicht wieder abgeholt werden. Und ihr
könnt euch vielleicht vorstellen, dass ich mir nichts mehr wünsche, als dass
ich all diese Krankheiten versteigern könnte. Keinem einzigen Menschen auf
dieser Welt, egal wie schlecht er sein mag, wünsche ich auch nur eine davon.
Diese Krankheiten sollen sich einfach in Luft auflösen oder schlichtweg nicht existieren.
Für die Dinge, die mir Freude bereiten und mir das Blaue
vom Himmel wenigstens ein Stück weit zurückholen, fehlt mir in letzter Zeit
leider viel zu häufig die Kraft. Ich würde so unheimlich gern mehr für meinen
Blog schreiben, öfter Musik machen oder fit und einigermaßen gesund zur Arbeit
gehen. Aber es ist schwer, egal wie sehr ich mich bemühe. Ich bin ausgelaugt,
müde und gehe täglich an meine Grenzen. Den Menschen, die mich lieben und
respektieren, vorzumachen alles wäre wunderbar und sorgenfrei, ist eins meiner
besten Talente. Es wird Leute geben, die mit dem Kopf schütteln und sich
fragen werden, warum ich mir überhaupt noch den ganzen Stress antue. Aber hätte
ich neben den gesundheitlichen Sorgen nicht all die Dinge, die mir Spaß machen und
die ich liebe, dann hätte ich nicht mehr viel woran ich mich festhalten könnte.
Und einen sicheren Halt in dieser schweren Zeit brauche ich so sehr wie die Luft
zum Atmen.
Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Beitrag meine
Situation einigermaßen verständlich machen konnte und berücksichtigt bitte, dass
es mir gewiss nicht leicht fiel all das hier zu schreiben und zu
veröffentlichen.
Ich werde weiterhin kämpfen und nach jedem Fall wieder
aufstehen, egal wie oft mir jeder neue Arztbesuch noch weitere schlechte Neuigkeiten bringen wird. Irgendwo in mir drinnen steckt das kleine Mädchen,
dass ich vor 18 Jahren war, das noch Träume hatte und wusste, dass man allen Dingen auf dieser Welt trotzdem etwas Positives abgewinnen kann. Man kann mir vieles
nehmen, sei es meine Sehkraft oder sämtliche Organe in meinem Körper. Aber eins
kann mir keiner nehmen und das sind meine Hoffnungen und Träume. Ich will
leben, egal wie sehr mich meine Krankheiten zu Boden reißen. Ich möchte
meine Ausbildung schaffen und meine Kräfte für all die Dinge und Menschen nutzen,
die mein Leben mit Glück erfüllen.
Ich will lieben, lachen
und leben. Mehr verlange ich nicht.
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