Mittwoch, 28. August 2013

Aufklärungsbedarf


Mein letztes Lebenszeichen hier liegt gut vier Wochen zurück und der ein oder andere von euch hatte bereits nachgefragt warum ich denn gar nichts mehr poste oder wann ich endlich etwas Neues schreibe. Einerseits macht es mich glücklich, denn es zeigt mir, dass ihr meinen Blog gerne lest und euch meine Einträge zu fehlen scheinen. Andererseits macht es mich aber auch traurig, weil mir durch all das Chaos, das mein Leben im Moment beherrscht, erst bewusst wird wie schlecht es um meine Situation wirklich steht.
Ich möchte diesen Augenblick nutzen und euch ein wenig über mein persönliches Chaos aufklären, aber ohne dabei die Grenze zu meinem Privatleben zu sehr zu überschreiten. Es wird keine großartigen Details geben und ich hoffe, dass ihr dafür Verständnis habt. Ich möchte einfach nur, dass ihr versteht warum es mir in letzter Zeit nicht so gut geht und ich hier auf Little Talks so oft mit Abwesenheit glänze. Jeder Mensch hat eine Geschichte, die gehört werden sollte. Und das hier ist meine.

Bis zu meinem 8. Lebensjahr war ich ein kerngesunder kleiner Mensch, der lediglich mal eine Grippe oder irgendeine ansteckende Kinderkrankheit hatte. Die üblichen Viren, die halt so durch die Luft schwirrten.
Für manche Menschen ist ein einfaches und unbeschwertes Leben, erfüllt von Glück und Gesundheit, vorbestimmt. Mein Schicksal entschied sich den Weg in die gegengesetzte Richtung zu gehen und ich bekam eine chronische Krankheit, die fortan mein Leben bestimmen sollte.
Kinder sind kleine Wesen, die voller Hoffnungen sind, an das Gute in dieser Welt glauben und in deren Herzen noch Träume wachsen. Ich gehörte ebenso dazu und auch wenn die Menschen um mich herum stets besorgt waren, so war Angst das Allerletzte, was mein kindliches Gemüt zerstören konnte. Doch jeder von uns wird eines Tages erwachsen und wir müssen beginnen unsere Träume vor all den schlimmen Dingen in unserer Welt zu verstecken und auf jede erdenkliche Weise zu beschützen. Erwachsen werden ist eine Falle.

Vor genau drei Jahren hat sich meine Krankheit verschlimmert und mir Stück für Stück Dinge genommen, die mein Leben weiter erschwert und zu einem endlosen Kampf gemacht haben. Meine Sehbehinderung, von der ich hier das ein oder andere Mal berichtet habe, zählte dabei zu den am wenigstens bezwingbaren Dingen. Natürlich ist es nicht einfach, wenn man plötzlich nur noch 25% von dem erkennt, was vorher klar und deutlich zu sehenwar. Sozusagen von HD zu schlechter Qualität. Aber ich war eine Kämpferin und bis zum heutigen Tag versuche ich mich so gut wie möglich durch den Alltag zu boxen wie jeder normalsehende Mensch.

In den letzten Wochen habe ich leider weitere Schicksalsschläge dazubekommen und zu sagen, dass es einem den Boden unter den Füßen wegreißen würde, wäre  untertrieben. Manchmal habe ich das Gefühl, dass dieser Boden, auf dem ich stehen sollte, nicht mal mehr existiert. Aber gehöre ich nun mal nicht zu der Sorte Mensch, der sich versteckt und denkt das Leben wäre ein komplettes Arschloch.



Ich möchte mit meinen Worten keine Welle an Mitleid auslösen, sondern denjenigen von euch, die von Dingen wie Krankheit oder Schicksalsschlägen ebenso ein Lied singen können wie ich, versuchen Mut zu machen.
Nein, es geht mir nicht gut und ja, ich habe Angst. Aber wer nicht kämpft, hat schon verloren, das ist nun mal die verdammte Wahrheit. Würden all die Menschen, die Tag für Tag immer mehr Steine in den Weg gelegt bekommen, einfach aufgeben, dann würden wir in einer Welt ohne Krieger leben. Der Rucksack mit all den Sorgen und Problemen, die wir mit uns rumtragen, wird zwar immer schwerer und größer, aber dafür bleibt uns etwas Wichtiges und Wertvolles: Kraft. Die Kraft weiter zu machen und jede Last zu tragen, egal wie schwer sie ist.
Zu behaupten, dass ich jeden Tag aufs Neue mit solch einer Kraft aufwache, wäre eine Lüge. Oft fehlt sie mir und ich muss Dinge, die mein Leben normalerweise mit Glück bereichern, hinten anstellen. Mein Alltag wird von Untersuchungen, Medikamenten, Schmerzen und immer wieder neuen Diagnosen bestimmt. Manchmal komme ich mir vor wie ein Pfandleihhaus, bei dem sämtliche Krankheiten abgegeben, aber nicht wieder abgeholt werden. Und ihr könnt euch vielleicht vorstellen, dass ich mir nichts mehr wünsche, als dass ich all diese Krankheiten versteigern könnte. Keinem einzigen Menschen auf dieser Welt, egal wie schlecht er sein mag, wünsche ich auch nur eine davon. Diese Krankheiten sollen sich einfach in Luft auflösen oder schlichtweg nicht existieren.
Für die Dinge, die mir Freude bereiten und mir das Blaue vom Himmel wenigstens ein Stück weit zurückholen, fehlt mir in letzter Zeit leider viel zu häufig die Kraft. Ich würde so unheimlich gern mehr für meinen Blog schreiben, öfter Musik machen oder fit und einigermaßen gesund zur Arbeit gehen. Aber es ist schwer, egal wie sehr ich mich bemühe. Ich bin ausgelaugt, müde und gehe täglich an meine Grenzen. Den Menschen, die mich lieben und respektieren, vorzumachen alles wäre wunderbar und sorgenfrei, ist eins meiner besten Talente. Es wird Leute geben, die mit dem Kopf schütteln und sich fragen werden, warum ich mir überhaupt noch den ganzen Stress antue. Aber hätte ich neben den gesundheitlichen Sorgen nicht all die Dinge, die mir Spaß machen und die ich liebe, dann hätte ich nicht mehr viel woran ich mich festhalten könnte. Und einen sicheren Halt in dieser schweren Zeit brauche ich so sehr wie die Luft zum Atmen.



Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Beitrag meine Situation einigermaßen verständlich machen konnte und berücksichtigt bitte, dass es mir gewiss nicht leicht fiel all das hier zu schreiben und zu veröffentlichen.
Ich werde weiterhin kämpfen und nach jedem Fall wieder aufstehen, egal wie oft mir jeder neue Arztbesuch noch weitere schlechte Neuigkeiten bringen wird. Irgendwo in mir drinnen steckt das kleine Mädchen, dass ich vor 18 Jahren war, das noch Träume hatte und wusste, dass man allen Dingen auf dieser Welt trotzdem etwas Positives abgewinnen kann. Man kann mir vieles nehmen, sei es meine Sehkraft oder sämtliche Organe in meinem Körper. Aber eins kann mir keiner nehmen und das sind meine Hoffnungen und Träume. Ich will leben, egal wie sehr mich meine Krankheiten zu Boden reißen. Ich möchte meine Ausbildung schaffen und meine Kräfte für all die Dinge und Menschen nutzen, die mein Leben mit Glück erfüllen.

Ich will lieben, lachen und leben. Mehr verlange ich nicht.


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